Die regierende Vierer-Koalition der Niederlande, geleitet von Premierminister Mark Rutte, scheiterte im Sommer am Thema der Migrationspolitik, weshalb im Land nun Neuwahlen anstehen. Im Zuge dieser haben wir fünf interessante und für den ein oder anderen überraschende Fakten zu den Wahlen und dem niederländischen Wahlsystem gesammelt.
Die 13.1 Millionen Wahlberechtigten dürfen am 22. November über die Zusammensetzung der 150 Sitze in der Tweede Kamer abstimmen, welche dem Deutschen Bundestag ähnelt. Die Sitzverteilung wird nicht nur die neue Premierministerin oder den Premierminister bestimmen, sondern wird auch die Zukunft der Niederlande in Europa maßgebend beeinflussen. Da die politische Ausrichtung unseres Nachbars Auswirkungen auf Handel-und Europapolitik haben wird, erwarten auch Deutsche das Wahlergebnis gespannt. Hier also fünf Fakten, damit auch Sie mitreden können:
1. Keine Sperrklausel
In Deutschland gilt es stets für Parteien die umgangssprachliche '5 %- Hürde' (der Zweitstimmen) zu erreichen, um in Bundes- oder Landtagswahlen Einzug in die Parlamente zu bekommen. Dies ist in den Niederlanden nicht so: Es ist häufig der Fall, dass auch kleine Parteien mit nur geringen Prozentpunkten in die Tweede Kamer einziehen und dort einzelne Sitze belegen. So waren nach den letzten Wahlen ganze 17 Parteien im Parlament zu finden.
2. Wahltag ist Werktag
Entgegen der Devise, dass man in Deutschland die Wahlen sonntags stattfinden lässt, um eine möglichst hohe Teilnehmerquote zu generieren, macht die niederländische Bevölkerung ihre Kreuzchen traditionell an einem Mittwoch. Von den Arbeitgebenden werden die Wählerinnen und Wähler für den Urnengang tatsächlich kurz freigestellt.
3. Ein-oder zwei Kreuze?
Bei deutschen Bundestagswahlen gilt das personalisierte Verhältniswahlrecht, welches Wählenden zwei Stimmen zuteilt: eine für einen Kandidaten in ihrem Wahlkreis und eine für eine Partei auf Landesebene. Anders laufen Wahlen in den Niederlanden ab. Dort wird auf ein reines Verhältniswahlrecht gesetzt, was bedeutet dass Wählende eine Stimme für einen Kandidaten einer Partei abgeben können und die Sitze im Parlament dann proportional zur Gesamtzahl der Stimmen verteilt werden.
4. Die Farbe zählt
Laut niederländischem Wahlrecht muss der Stimmzettel mit einem roten Stift ausgefüllt werden. Der 'rood potlood' (siehe Bild) ist damit Symbol für jede Wahl bei unseren Nachbarn, sowohl regional als auch landesweit. In Deutschland müssen die Wählenden übrigens entweder in schwarz oder blau abstimmen.
5. Tweede Kamer vs. Bundestag
In Deutschland wird seit langem viel über den bisher größten Bundestag diskutiert. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate ist dieser auf 736 Sitze angewachsen – Rekord. Pro Kopf vertritt eine Bundestagsabgeordnete Person in Deutschland ungefähr 113.000 Einwohnende, während ein Tweede Kamer Mitglied in den Niederlanden ungefähr 116.000 Einwohnende vertritt. Somit unterscheiden sich die zwei Staatsorgane interessanterweise kaum in ihrer zahlenmäßigen Repräsentation.
Text: David Böhm